Im Continuous Replenishment versorgt der Zulieferer den Kunden regelmäßig und ohne expliziten Auftrag für jeden Einzelfall — wie ein Zeitungsjunge, der jeden Tag die Zeitung einwirft, ohne dass man ihn jeden einzelnen Abend anruft. Allerdings ist die gelieferte Menge in der modernen Logistik zumeist nicht konstant, sondern orientiert sich am Bedarf des Kunden. Der Bedarf des Kunden wird hierbei in der Regel automatisch anhand des Lagerbestandes des Kunden festgestellt. Somit stellt diese Art, den Nachschub zu organisieren, einen Mittelweg dar, zwischen der fallweisen Bestellung, wenn der Kunde expliziten Bedarf sieht, einerseits, sowie stärker automatisierten beziehungsweise strenger geregelten Verfahren wie Quick Response und Just in Time (JiT) andererseits.
Das Beispiel des Zeitungsausträgers ist eingängig, zeigt jedoch wenig von der Praxis des Continuous Replenishment, das sich in der Regel zwischen Unternehmern innerhalb der Supply Chain, also der Lieferkette, abspielt. Typischerweise meldet der Kunde dem Zulieferer automatisch seine Lagerbestände. Der Zulieferer versorgt den Kunden regelmäßig mit Waren. Hierbei wird nicht zwangsläufig genau der Warenabgang ergänzt. Das System erlaubt in der Regel Spielräume, die entweder dem erwarteten Bedarf des Kunden Rechnung tragen, oder den Einschränkungen des Lieferanten. Wenn der Kunde ein Lebensmittelgeschäft ist, und der Lieferant ein Getränkehersteller, dann könnte kundenseitig erwünscht sein, mehr Getränke zu Liefern, wenn witterungsbedingt eine höhere Nachfrage zu erwarten ist; der Lieferant könnte seine Lieferungen drosseln und so beim Kunden geringere Lagermengen in Kauf nehmen, wenn er Produktionsprobleme hat. Welche Seite hierbei entscheidet, hängt unter Anderem von der Marktmacht ab. Den Nutzen kann man darin zusammenfassen, dass die Koordination der Lieferkette mit relativ geringem Aufwand verbessert wird.
Die Vor- und Nachteile bemessen sich jeweils gegenüber der Alternative.
Gegenüber einer unkoordinierten Lieferkette liegt der Vorteil einerseits darin, dass das Bestellwesen automatisiert ist, wodurch bei Kunden und Zulieferer weniger Verwaltungsaufwand anfällt. Andererseits vermindert die bessere Koordination den Bullwhip-Effekt. So nennt man in der Logistik Schwankungen innerhalb der Lieferkette. Gerade in einer mehrgliedrigen Kette kann es vorkommen, dass der Zulieferer nicht liefern kann, weil er selbst keinen Nachschub bekommt. Ein anderes Mal gehen die Lager über, weil am Ende der Kette zu wenig gebraucht wird. Da der Zulieferer zumeist mehrere Kunden hat und der Kunde mehrere Zulieferer, kann es in einer unkoordinierten Lieferkette durch den Bullwhip-Effekt auch zum Stau kommen, weil auf einmal alle Kunden großen Bedarf haben. Continuous Replenishment wirkt dann wie die automatische Geschwindigkeitsanzeige auf der Autobahn.
Die Nachteile: Die Implementierung bedeutet einen gewissen technischen Aufwand: Der Bedarf muss — meist anhand der Lagerdaten — automatisch erfasst und an den Zulieferer gemeldet werden. Dies führt zum zweiten Nachteil, jedenfalls aus Kundensicht: Dieser muss dem Zulieferer seine Daten preis geben, was ein entsprechendes Vertrauen voraussetzt. Die Frage, wer über die Liefermengen entscheidet, kann zu Reibungen führen.
Gegenüber rigideren Formen der Lieferung, wie Quick Response und JiT, gibt es den Vorteil der einfacheren Implementierbarkeit: Quick Response etwa erfordert, dass in der Gesamten Kette umfangreiche Daten erhoben und weitergegeben werden. Dies ist nicht nur technisch schwieriger, es erfordert auch noch größeres Vertrauen. Der Nachteil gegenüber Quick Response oder JiT ist hingegen, dass die Lieferkette weniger schlank und effizient ist, der Bullwhip-Effekt größer. Continuous Replenishment ist eben ein Kompromiss.